Zum Inhalt springen

Du bist nicht angemeldet als Gast hier –
und kannst deshalb nur einen kleinen Teil des Forums sehen.


Hier kannst Du Dich kostenlos und anonym anmelden!

SSRI bei Alkoholent...
 
Benachrichtigungen
Alle löschen

SSRI bei Alkoholentzug – in den Leitlinien steht das nicht …

1 Beiträge
1 Mitglieder
4 Reactions
389 Ansichten
admin
(@admin)
Famed Member Admin
Beigetreten: Vor 7 Jahren
Beiträge: 1573
Topic starter  
wpf-cross-image

Von Dr. med. Bernd Guzek

Immer wieder bekommen Menschen, die mit dem Trinken aufhören wollen, von ihrem Arzt ein Rezept für ein Antidepressivum in die Hand gedrückt – meist ein sogenanntes SSRI. „Nehmen Sie das mal!“ – aber helfen SSRI beim Alkoholentzug, oder sogar direkt gegen die Sucht, sind sie Medikamente gegen Alkoholabhängigkeit? Wir schauen uns das mal genauer an. Danke an der Stelle an unser Forumsmitglied @harley, der mich auf die Idee brachte.

Ärztegesellschaften und Fachverbände einigen sich regelmäßig auf sogenannte Leitlinien, so dass man das leicht überprüfen kann. Leitlinien sind so etwas wie ein gemeinsamer Fahrplan für Ärztinnen und Ärzte: Fachgesellschaften – also Zusammenschlüsse von Expertinnen und Experten aus Medizin, Psychotherapie, Pflege und manchmal auch Patientenvertreter – sichten regelmäßig die gesamte wissenschaftliche Literatur zu einer Krankheit und bewerten, welche Behandlung nach heutigem Wissen am besten wirkt.

Leitlinien – keine Gesetze, aber Rahmen für ärztliches Handeln

Daraus entstehen Empfehlungen, die beispielsweise in Deutschland von der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) koordiniert werden. Leitlinien sind keine Gesetze, aber sie geben eine wichtige Orientierung, damit Patienten in Hamburg oder Wien im Prinzip die gleiche Behandlung bekommen wie in München oder Zürich - und dass diese Behandlung auf einer soliden medizinisch-wissenschaftlichen Basis steht.

Leitlinien haben einen hohen Stellenwert als Maßstab für ärztliches Handeln. Sie sind keine Gesetze, aber wer sich bei der Behandlung von Patienten daran hält, ist rechtlich auf der sicheren Seite. Wer abweicht, muss es dagegen sehr gut begründen können. Ein Arzt, der SSRI beim Alkoholentzug ohne Depression verschreibt, begibt sich auf sehr dünnes Eis. Geht etwas schief, braucht er in einem Kunstfehlerprozess gute Anwälte und Gutachter, um seine Abweichung von den Leitlinien hieb- und stichfest zu begründen.

Darum haben SSRI im Alkoholentzug meist nichts zu suchen

Werfen wir einen Blick auf die Leitlinien zu alkoholbezogenen Störungen zur Behandlung von Alkoholsucht und Alkoholmissbrauch. Da steht klar: SSRI sind nicht für die Behandlung von Alkoholentzug oder als Rückfallprophylaxe bei Alkoholkrankheit gedacht. Für die akute Entzugsphase gibt es andere Medikamente wie Benzodiazepine, die Krampfanfälle und schwere Entzugssymptome verhindern. Und für die Zeit danach stehen, wenn nötig, Medikamente wie Acamprosat, Naltrexon oder Nalmefen zur Verfügung, die speziell für die Rückfallverhütung entwickelt wurden.


[aa_ad url="https://www.alkohol-ade.com/wp-content/uploads/2025/09/Gaby-Guzek-Coaching-1080x1080-web.jpg" href="https://www.gaby-guzek.com/" cat="blog" alt="Coaching ansehen" width="500" height="500"]

Warum ist das so? Schauen wir uns das einmal pharmakologisch an: SSRI blockieren den Rücktransport von Serotonin aus dem synaptischen Spalt zurück in die Nervenzelle. Dadurch steigt die Konzentration von Serotonin an den Rezeptoren. Diese Wirkung setzt nicht sofort ein, sondern erst nach Tagen bis Wochen.

Das kann man im akuten Alkoholentzug aber nicht brauchen.

Das spielt sich im Entzug im Gehirn ab

  • Im akuten Alkoholentzug ist das Gehirn in einem massiven Ungleichgewicht: GABA und Glutamat sind aus dem Lot, das vegetative Nervensystem ist überaktiv, das Krampfrisiko ist hoch. Serotonin spielt in diesem Moment keine Hauptrolle. Ein SSRI hat deshalb keine kurzfristig hilfreiche Wirkung gegen die typischen Entzugssymptome.

Krampfanfälle

  • Das ist aber noch nicht alles. Gefürchtet sind im Alkohol die Krampfanfälle, die leicht unkontrollierbare Situationen auslösen können. Ausgerechnet dafür senken die SSRI nun die Schwelle und erhöhen so das Risiko für diese Komplikation. Genau deshalb erhalten die Patienten im akuten Entzug Diazepame, die das Risiko für Krämpfe senken.
  • SSRI können Unruhe, Schlafstörungen und Übelkeit verstärken – Symptome, die im Entzug ohnehin schon die Patienten quälen.

Leberfunktion

  • Manche SSRI beeinflussen die Leberfunktion oder den Natriumhaushalt (Hyponatriämie) und können dadurch körperliche Risiken erhöhen, die beim Alkoholkranken schon durch Leberschädigung oder Elektrolytstörungen bestehen.
  • Der gewünschte stimmungsaufhellende Effekt durch SSRI tritt (wenn überhaupt) frühestens nach einigen Wochen ein – also zu spät, um im Entzug zu helfen. Gleichzeitig können in der Anfangsphase aber vermehrt Unruhe oder sogar Suizidgedanken auftreten. Für einen labilen Patienten in der Entzugsphase ist das ein Risiko.

Fazit: SSRI sind keine Entzugsmedikamente, sondern können Risiko sein

In der Fachsprache der Leitlinien heißt das: Die Gabe von SSRI an Alkoholabhängige ohne klare psychiatrische Komorbidität ist daher weder leitliniengerecht noch evidenzbasiert. Sie birgt erhebliche Risiken und kann die eigentliche Therapie verzögern. Für Ärzte bedeutet das eine besondere Verantwortung: Symptome sorgfältig differenzialdiagnostisch zu prüfen, Patienten über die Grenzen einer SSRI-Behandlung aufzuklären und stattdessen die Verfahren einzusetzen, die ihre Wirksamkeit belegt haben.

Übersetzt in normales Deutsch bedeutet das: Als Mittel gegen die Sucht selbst sind SSRI weder wirksam noch vorgesehen. Sie sind für den Alkohol-Entzug nicht nur nutzlos, sondern können den Körper zusätzlich belasten und schwere Komplikationen wie Krampfanfälle fördern. Ausnahmen können mittelschwere bis schwere Depressionen sein, aber nicht Unruhe und Verstimmung wie im Entzug – und die müssen aufwändig und akribisch diagnostiziert werden.

Literatur und Leitlinien

Häufig gestellte Fragen (FAQ)


[aa-faq]
[aa-faq-item question="Empfehlen Leitlinien SSRI beim Alkoholentzug?"]
Nein. Leitlinien zur Alkoholerkrankung empfehlen SSRI nicht für die Behandlung des Entzugs oder für die Rückfallprophylaxe.
[/aa-faq-item]

[aa-faq-item question="Wann sind SSRI bei Alkoholabhängigen sinnvoll?"]
SSRI werden nur bei klar diagnostizierter mittelschwerer oder schwerer Depression oder anderen psychiatrischen Störungen eingesetzt –
nicht aber für die Sucht selbst oder den normalen Entzug.
[/aa-faq-item]

[aa-faq-item question="Welche Medikamente empfehlen die Leitlinien stattdessen?"]
Für die akute Entzugsbehandlung empfehlen die Leitlinien Benzodiazepine.
Für die Rückfallprophylaxe sind Acamprosat, Naltrexon oder Nalmefen vorgesehen.
[/aa-faq-item]
[/aa-faq]

Aktuelle Beiträge in unserem Blog


[display-posts category="blog"]


Arzt, Autor, Angehöriger & Mitbegründer von Alkohol adé

Dr. med. Bernd Guzek

Arzt, Autor, Angehöriger & Mitbegründer von Alkohol adé

Beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den biochemischen Grundlagen von Sucht und Hirnstoffwechselstörungen sowie deren Beeinflussung durch Nährstoffe.


{
"@context": "https://schema.org",
"@type": "Person",
"name": "Dr. med. Bernd Guzek",
"image": ""image": "https://www.alkohol-ade.com/wp-content/uploads/2025/09/Bernd-fuer-Autorenkasten.jpg"
",
"jobTitle": "Arzt & Autor",
"worksFor": {
"@type": "Organization",
"name": "Alkohol adé",
"url": "https://www.alkohol-ade.com/"
},
"url": "https://www.alkohol-ade.com/",
"sameAs": [
"https://www.facebook.com/Alkoholade/",
"https://www.instagram.com/alkoholade/",
"https://twitter.com/AdeAlkohol",
"https://de.wikipedia.org/wiki/Hippokranet",
"https://www.gaby-guzek.com/"
]
}



   
4
AntwortZitat
Close Popup

Wir müssen Dir kurz auf den Keks gehen

Auch Alkohol adé braucht Cookies. Wir aktivieren aber nur technisch absolut notwendige Cookies, damit Dein Besuch dieser Seite möglichst nicht durch Dritte verfolgt werden kann.

Einige wenige brauchen wir aber - z.B. um diesen Hinweis anzuzeigen, damit Du Dich nicht für jede Seite erneut anmelden oder dieses Popup nicht bei jeder Seite neu sehen musst.

Sowie Du aber einen externen Link oder ein Video anklickst, können von den Betreibern dieser Seiten Cookies gesetzt werden, die wir nicht beeinflussen können. Mehr auf unserer Datenschutzseite.

Close Popup
Privacy Settings saved!
Wir aktivieren nur absolut notwendige Cookies

Auch Alkohol adé braucht Cookies Wir aktivieren nur technisch absolut notwendige Cookies, damit Ihr Besuch dieser Seite möglichst nicht durch Dritte verfolgt werden kann. Einige wenige brauchen wir aber - z.B. um diesen Hinweis anzuzeigen, damit Sie sich nicht für jede Seite erneut anmelden oder dieses Popup nicht bei jeder Seite neu sehen müssen. Sowie Sie aber einen externen Link oder ein Video anklicken, können von den Betreibern dieser Seiten Cookies gesetzt werden, die wir nicht beeinflussen können. Mehr auf unserer Datenschutzseite

Standard-Kategorie

Technisch notwendige Cookies
Folgende technisch notwendige Cookies können gesetzt werden – fast alle haben mit den Datenschutzbestimmungen zu tun: wordpress_gdpr_allowed_services: Speichert, welche zusätzlichen Cookie-Dienste akzeptiert wurden. wordpress_gdpr_cookies_allowed: Speichert, ob zusätzliche Cookies neben den notwendigen akzeptiert wurden. wordpress_gdpr_cookies_declined: Speichert, welche zusätzlichen Cookie-Dienste nicht akzeptiert wurden. wordpress_gdpr_first_time: Wenn der Nutzer keine Entscheidung trifft, sondern weiter auf der Website navigiert, werden alle Cookies aktiviert und das Cookie speichert , ob die aktuelle Seite mit der zuerst besuchten Seite übereinstimmt. wordpress_gdpr_first_time_url: Speichert die URL des ersten Besuches der Webseite.
  • PHPSESSID
  • cookielawinfo-checkbox-non-necessary
  • cookielawinfo-checkbox-necessary
  • viewed_cookie_policy
  • wordpress_test_cookie

Technisch nicht notwendige Cookies
_koko_analytics_pages_viewed Dieses Cookie wird gesetzt vom datenschutzkompatiblen Plugin (Teil der Software) Koko Analytics.  Koko Analytics ist ein datenschutzfreundliches Analyse-Plugin für WordPress. Es werden keine personenbezogenen Daten erhoben. In der von uns benutzten Standardeinstellung werden durch Koko Analytics folgende Daten erhoben: * Besucher (Visitors) * Seitenaufrufe (Pageviews) * Referrers (Herkunftsseiten) Koko nutzt keine externen Dienste, so dass Daten über Ihre Besucher niemals an Drittunternehmen weitergegeben werden. Darüber hinaus werden keine besucherspezifischen Daten erfasst, und die Besucher können die Nachverfolgung leicht unterbinden, indem sie in ihren Browsereinstellungen "Do Not Track" aktivieren.

Alle Cookies ablehnen
Save
Alle Cookies akzeptieren