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Holiday-Heart-Syndrom: Wenn Alkohol Deinen Herzschlag zur Rave-Party macht

Menschen machen Party am Strand. In der Mitte steht ein Mann und fasst sich ans Herz

Du bist 35, sportlich, hattest nie Herzprobleme – und plötzlich rast Dein Herz, als hättest Du gerade einen Marathon hinter Dir, obwohl Du nach Silvester gemütlich auf der Couch sitzt. Willkommen beim Holiday-Heart-Syndrom: der heimtückischen, alkoholinduzierten Herzrhythmusstörung, die jeden treffen kann, der dachte, „eine Runde geht noch“ sei eine gute Idee.

Das Holiday-Heart-Syndrom bezeichnet akute Herzrhythmusstörungen, meist Vorhofflimmern, die nach starkem Alkoholkonsum auftreten – auch bei Menschen ohne bekannte Herzerkrankung.

Von Dr. med. Bernd Guzek

Holiday-Heart-Syndrom: Wenn aus „Prost!“ plötzlich „Ruft den Notarztwagen!“ wird

Der Name klingt fast niedlich – wie eine romantische Komödie. Die Realität? Leider ganz und gar nicht. Nicht selten sogar lebensgefährlich.

Das Holiday-Heart-Syndrom (HHS) bezeichnet akute Herzrhythmusstörungen – meist Vorhofflimmern –, die nach starkem Alkoholkonsum auftreten. Typischerweise an Feiertagen, langen Wochenenden oder bei jeder Gelegenheit, in der irgendwo „Open Bar“ steht.

Erstmals beschrieben wurde das Syndrom 1978 vom Kardiologen Philip Ettinger. Das Muster war so eindeutig, dass er es schlicht benannte, wie es sich zeigte: Menschen ohne bekannte Herzerkrankung kamen nach Weihnachtsfeiern, langen Wochenenden oder Sommerfestivals mit chaotischen Herzrhythmen in die Notaufnahme.

Spulen wir vor ins Jahr 2025: Das Syndrom ist häufiger denn je – weil die Kultur des Rauschtrinkens („Silvester wird eskaliert!“) eher zu- als abgenommen hat.

Was im Herzen tatsächlich passiert

Alkohol ist ein direkter Giftstoff für den Herzmuskel und zugleich ein Meister der Manipulation des vegetativen Nervensystems. Während Du trinkst, bewirkt Alkohol unter anderem:

  • Steigerung von GABA → beruhigend, der Puls sinkt zunächst leicht
  • Hemmung von Glutamat → geringere neuronale Erregbarkeit
  • Anstieg von Katecholaminen (Adrenalin/Noradrenalin) → Beschleunigung des Herzschlags
  • Massive Elektrolytverschiebungen (vor allem Kalium und Magnesium fallen deutlich ab)

Wenn die Party vorbei ist und der Blutalkoholspiegel sinkt, schalten Gehirn und Herz in den Rebound-Modus. Die zuvor gedämpften Systeme überkompensieren, eine plötzliche sympathische Stressreaktion entsteht. Die Vorhöfe beginnen zu flimmern. Der Puls kann selbst in Ruhe innerhalb von Minuten auf 150–180 Schläge pro Minute springen.


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Wen es trifft – und warum es auch Du sein könntest

Grundsätzlich: Man muss kein Alkoholiker sein, um damit in der Notaufnahme zu landen.

Typisches Profil (aber keineswegs Voraussetzung):

  • Männer häufiger als Frauen (etwa 3:1)
  • Alter 30–55 Jahre
  • Chronisch hoher Alkoholkonsum (täglich 60–80 g Alkohol)
  • „Wochenendkrieger“, die sonst wenig trinken, bei besonderen Anlässen aber alles geben

Ein Beispiel aus der Praxis: 38-jähriger Softwareentwickler, läuft Halbmarathons, trinkt sonst zwei Bier pro Woche – außer am 31. Dezember, da sind es zehn Cocktails. Um drei Uhr morgens: Herzrasen, Schwitzen, Panikattacke. Diagnose in der Notaufnahme: Holiday-Heart-Syndrom mit neu aufgetretenem Vorhofflimmern. 36 Stunden später Entlassung mit normalem Rhythmus.

Symptome – wann Sie es ernst nehmen sollten

Viele Betroffene halten es zunächst für einen „normalen Kater“:

  1. „Zu viel Sekt“
  2. Angstanfall
  3. Sodbrennen

Warnzeichen, die klar sagen „jetzt sofort in die Notaufnahme“:

  • Plötzliches starkes oder unregelmäßiges Herzrasen, das nicht abklingt
  • Druck oder Schmerzen in der Brust
  • Ausgeprägte Luftnot
  • Schwindel, Beinahe-Ohnmacht oder tatsächliche Ohnmacht
  • Verwirrtheit oder Sprachstörungen (möglicher Schlaganfall)

Sterblichkeit & Komplikationen – ja, das kann tödlich enden

Die gute Nachricht zuerst: In über 90 Prozent der Fälle normalisiert sich der Rhythmus innerhalb von 24–48 Stunden spontan. Die schlechte Nachricht: Die verbleibenden unter 10 Prozent können lebensgefährlich sein.

Mögliche Todesursachen bei unbehandeltem HHS:

  • Schlaganfall (Gerinnselbildung im flimmernden Vorhof → Gehirn)
  • Akute Herzschwäche (das Herz kann gegen das Chaos nicht mehr effektiv pumpen)
  • Plötzlicher Herztod (Auslösung eines Kammerflimmerns)

Eine reale Studie (Voskoboinik et al., JACC 2016) zeigte: Bei Patienten mit anfallsartigem Vorhofflimmern erhöhte jede zusätzliche Rauschtrink-Episode das Schlaganfallrisiko um rund 15 Prozent unabhängig von klassischen Risikofaktoren.

. Das ist keine Theorie – das sind echte Schicksale.

Therapie – was im Krankenhaus tatsächlich passiert

  • Magnesium und Kalium intravenös (fast Standard)
  • Betablocker (z. B. Metoprolol i. v.) oder Kalziumantagonisten
  • Flüssigkeit intravenös (Alkohol entwässert massiv)
  • Thiamin 500 mg i. v. (zur Vorbeugung einer Wernicke-Enzephalopathie)
  • Blutverdünnung bei Vorhofflimmern > 48 Stunden (Heparin oder orale Blutverdünner)
  • Elektrische Kardioversion bei hämodynamischer Instabilität

Die meisten Patienten sind innerhalb von 24 Stunden wieder im normalen Sinusrhythmus und können nach ein bis zwei Tagen Überwachung nach Hause.

Prävention – denn fast immer wäre es vermeidbar

Die wirksamste Prävention: Kein Rauschtrinken.

Praktische, realistische Maßnahmen, die sich bewährt haben:

  • Nie mehr als vier Drinks pro Anlass (besser maximal zwei bis drei)
  • Vor dem Trinken eine ordentliche Mahlzeit (verlangsamt die Aufnahme)
  • Jedes alkoholische Getränk mit einem Glas Wasser abwechseln
  • 300–400 mg Magnesium plus ein gutes B-Komplex-Präparat vor der Feier
  • Spätestens drei bis vier Stunden vor dem Schlafengehen aufhören zu trinken

Abschließender Gedanke

Das Holiday-Heart-Syndrom ist die unmissverständliche Botschaft des Herzens: „Es ist mir egal, wie gesund Du Dich fühlst – diese Menge Alkohol ist mit einem funktionierenden Herz-Kreislauf-System nicht vereinbar.“

Es ist reversibel. Es ist vermeidbar. Und es ist eines der klarsten Warnsignale, die Dir Dein Körper geben kann.

Übertreibe es nicht. Oder besser: Lass’ es ganz.

⚠️
Kurz gesagt

Das Holiday-Heart-Syndrom zeigt: Schon ein einziger exzessiver Alkoholkonsum, ein einziger durchgeknallter Trinkabend kann ein gesundes Herz aus dem Takt bringen. Spiele nicht mit Deinem Herzschlag. Das Risiko gewinnt fast immer.

FAQ – häufig gestellte Fragen zum Holiday-Heart-Syndrom


Was ist das Holiday-Heart-Syndrom?

Das Holiday-Heart-Syndrom bezeichnet akute Herzrhythmusstörungen, meist Vorhofflimmern, die nach starkem Alkoholkonsum auftreten. Es betrifft häufig Menschen ohne bekannte Herzerkrankung und tritt typischerweise nach Rauschtrinken an Feiertagen, Wochenenden oder Feiern auf.

Kann das Holiday-Heart-Syndrom auch bei gesunden Menschen auftreten?

Ja. Viele Betroffene sind sportlich, vergleichsweise jung und haben zuvor nie Herzprobleme gehabt. Entscheidend ist nicht die allgemeine Fitness, sondern die akute Wirkung hoher Alkoholmengen auf Herz, Elektrolythaushalt und vegetatives Nervensystem.

Wie lange dauert eine Episode des Holiday-Heart-Syndroms?

In über 90 Prozent der Fälle normalisiert sich der Herzrhythmus innerhalb von 24 bis 48 Stunden spontan. In einem Teil der Fälle ist jedoch eine medizinische Behandlung notwendig, insbesondere bei anhaltendem Vorhofflimmern oder Komplikationen.

Ist Herzrasen nach Alkohol immer gefährlich?

Nicht jedes Herzklopfen nach Alkohol ist gefährlich. Hält das Herzrasen jedoch länger an, ist unregelmäßig oder geht mit Brustschmerzen, Luftnot, Schwindel oder neurologischen Ausfällen einher, sollte sofort eine Notaufnahme aufgesucht werden.

Kann das Holiday-Heart-Syndrom tödlich sein?

Ja. Unbehandelt kann es zu schweren Komplikationen wie Schlaganfall, akuter Herzschwäche oder im Extremfall zu lebensbedrohlichen Rhythmusstörungen kommen. Das Risiko steigt bei wiederholten Rauschtrink-Episoden deutlich an.

Wie lässt sich das Holiday-Heart-Syndrom verhindern?

Die wirksamste Prävention ist der Verzicht auf Rauschtrinken. Schon moderatere Alkoholmengen, ausreichende Flüssigkeitszufuhr, Elektrolytausgleich und rechtzeitiges Beenden des Trinkens können das Risiko deutlich senken. Am sichersten ist jedoch vollständige Abstinenz.


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Arzt, Autor, Angehöriger & Mitbegründer von Alkohol adé

Dr. med. Bernd Guzek

Arzt, Autor, Angehöriger & Mitbegründer von Alkohol adé

Beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den biochemischen Grundlagen von Sucht und Hirnstoffwechselstörungen sowie deren Beeinflussung durch Nährstoffe.


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