Saufdruck ist ein starkes Suchtverlangen, das alle Gedanken um die Flasche bzw. den Alkohol kreisen lässt. In der Medizin heißt es Craving.
Biochemische Grundlagen des Cravings #
Das Craving nach Alkohol hat viele Ursachen, die sich biochemisch im Gehirn erklären lassen:
- Dopamin-Belohnungssystem
Alkohol sorgt für eine vermehrte Ausschüttung von Dopamin im sogenannten „Nucleus accumbens“. Dieser Effekt prägt sich wie ein starkes Belohnungssignal ein. Der Körper „erinnert“ sich daran und will die Erfahrung wiederholen. - Glutamat/GABA-Ungleichgewicht
Alkohol wirkt dämpfend auf das Glutamatsystem und verstärkend auf GABA. Nach Abbau des Alkohols kippt die Balance ins Gegenteil: Übererregung, innere Unruhe und Schlafstörungen entstehen. Dieses Ungleichgewicht verstärkt das Verlangen nach einem erneuten „Beruhigungsschluck“. - Stresshormone
Alkohol beeinflusst die Ausschüttung von Cortisol und Noradrenalin. Beim Entzug sind diese Systeme überaktiv, was Angst, Nervosität und Herzrasen auslöst – ebenfalls Trigger für Saufdruck. - Endorphine und Opioidrezeptoren
Alkohol setzt körpereigene Endorphine frei, die ein Wohlgefühl erzeugen. Nach Abbau fällt dieser Effekt abrupt ab. Medikamente wie Naltrexon, die Opioidrezeptoren blockieren, zielen genau auf diesen Mechanismus.
Psychologische und körperliche Verstärkung #
Das Suchtgedächtnis sorgt dafür, dass Umgebungsreize (Kneipe, Feierabendrituale, bestimmte Gerüche) unmittelbar Saufdruck auslösen können. Hinzu kommt, dass der Körper in Stress- oder Unterzuckerungssituationen das Craving verstärkt, weil er Alkohol als schnellen Energielieferanten „erlernt“ hat.
Fazit #
Saufdruck ist kein bloßes „schwaches Durchhaltevermögen“, sondern eine biochemisch verankerte Reaktion im Gehirn, die durch Dopamin, GABA/Glutamat, Stresshormone und das Suchtgedächtnis gesteuert wird. Wer ihn verstehen will, muss die Neurochemie der Sucht berücksichtigen – und deshalb reichen reine Willenskraft oder moralische Appelle nicht aus.
Tipps wie man den Saufdruck besiegen kann findet ihr im Buch Alkohol adé.
Biochemie des Saufdrucks
- Dopamin: Belohnungssignal im Nucleus accumbens – speichert „Alkohol = Glück“
- GABA / Glutamat: Alkohol dämpft Glutamat & verstärkt GABA → Rebound: Unruhe, Craving
- Stresshormone: Cortisol & Noradrenalin hoch im Entzug → Angst, Herzrasen
- Endorphine: Alkohol setzt körpereigene Opioide frei → Abfall nach Konsum verstärkt Verlangen
Trigger: Gewohnheiten, Orte und Situationen reaktivieren das Suchtgedächtnis und lösen Saufdruck sofort aus.
Dr. med. Bernd Guzek #
Arzt, Autor, Angehöriger & Mitbegründer von Alkohol adé
Beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den biochemischen Grundlagen von Sucht und Hirnstoffwechselstörungen sowie deren Beeinflussung durch Nährstoffe.