Ein kaputter Schlaf ist auf Dauer eines der größten Risiken für einen Alkohol-Rückfall, auch noch nach Jahren. Leider zerstört langwährender Alkoholmissbrauch den gesunden Schlaf.
Warum Alkohol den Schlaf stört #
Alkohol wirkt zunächst einschläfernd, weil er das GABA-System verstärkt und das erregende Glutamatsystemdämpft. Viele Menschen schlafen deshalb nach dem Trinken schneller ein. Doch dieser Effekt ist trügerisch:
- Zerhackter Schlafrhythmus – die Einschlafphase wird zwar verkürzt, aber die Tiefschlaf- und REM-Phasenwerden gestört.
- Rebound-Effekt – sobald der Alkohol abgebaut ist, schlägt das Pendel um: Glutamataktivität steigt übermäßig an, der Körper ist unruhig, Herzschlag und Stresshormone nehmen zu.
- Chronische Schäden – langjähriger Missbrauch schädigt die Schlafarchitektur dauerhaft: selbst in Abstinenz brauchen viele Monate oder Jahre, bis sich ein normaler Schlaf wieder stabilisiert.
Folgen für Körper und Psyche #
Gestörter Schlaf bedeutet nicht nur Müdigkeit:
- Gedächtnis & Lernen – fehlen REM-Phasen, können Informationen schlechter gespeichert werden.
- Stimmung – Schlafmangel verstärkt Reizbarkeit, Angst, Depression.
- Körper – das Immunsystem leidet, Regenerationsprozesse (z. B. Muskel- und Zellreparatur) bleiben aus.
Schlafstörungen und Rückfallrisiko #
Für trockene Alkoholiker sind Schlafprobleme einer der häufigsten Rückfalltrigger:
- Das Gehirn erinnert sich an die kurzfristig einschläfernde Wirkung von Alkohol.
- Die Unruhe und Anspannung durch fehlenden Schlaf verstärken das Craving.
- Schon nach wenigen schlechten Nächten kann der Griff zur Flasche als scheinbar „letzte Lösung“ erscheinen.
Deshalb ist Schlafhygiene und -therapie ein zentrales Thema der Rückfallprävention.
Möglichkeiten der Stabilisierung #
- Schlafhygiene: fester Schlafrhythmus, Verzicht auf Bildschirmlicht am Abend, ruhige Schlafumgebung.
- Ernährung & Bewegung: eiweißreiche Ernährung (Aminosäuren für Neurotransmitter), regelmäßige Bewegung am Tag.
- Nährstoffe: Magnesium, Glycin, Tryptophan/Melatonin und eine gute Versorgung mit B-Vitaminen können unterstützend wirken.
- Therapie: kognitive Verhaltenstherapie bei Insomnie (CBT-I) gilt als Goldstandard.
Zum Thema Schlafstörungen gibt es hier einen redaktionellen Beitrag und ein Video von Gaby Guzek.
Alkohol & Schlafstörungen – der Teufelskreis
- 1. Einschlafen leicht – Alkohol verstärkt GABA, dämpft Glutamat → schnelle Müdigkeit
- 2. Schlaf zerstört – Tief- & REM-Phasen gestört, Rebound: Unruhe, Herzrasen
- 3. Craving steigt – Müdigkeit, Anspannung und Erinnerung an Alkohol als „Schlafmittel“ → Rückfallgefahr
Merke: Alkohol macht müde – aber er zerstört den erholsamen Schlaf und verstärkt langfristig den Saufdruck.
Alkohol & Schlaf – Wirkungen im Verlauf
| Phase | Wirkung |
|---|---|
| Akut (Einschlafen) | Schnelleres Einschlafen durch GABA-Verstärkung, subjektive Beruhigung |
| Nach Abbau (Nacht) | Rebound: Glutamat-Überaktivität → Unruhe, Aufwachen, Herzklopfen, Schwitzen |
| Langfristig | Zerstörte Schlafarchitektur: weniger Tiefschlaf & REM, chronische Schlafstörungen, erhöhtes Rückfallrisiko |
Fazit: Alkohol macht müde – aber raubt die erholsame Schlafqualität.
Dr. med. Bernd Guzek #
Arzt, Autor, Angehöriger & Mitbegründer von Alkohol adé
Beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den biochemischen Grundlagen von Sucht und Hirnstoffwechselstörungen sowie deren Beeinflussung durch Nährstoffe.