Die Alkohol-Dehydrogenase (ADH1) ist ein Enzym, dass im menschlichen Körper den Alkohol abbaut. Aber auch beim letzten Schritt der alkoholischen Gärung durch Hefe, bei der Alkohol entsteht, spielt ein solches Enzym eine Rolle. Eine wichtige Rolle im Enzym spielt das Zink.
Die Menge des ADH1-Enzyms im Körper ist von Person zu Person unterschiedlich und bestimmt, wie schnell der getrunkene Alkohol im Körper abgebaut wird. Wie viel Alkohol ein Mensch verträgt, die „Trinkfestigkeit“, ist von vielen Faktoren abhängig, z. B. der Gewohnheit, mit einem hohen Alkoholgehalt umzugehen. Im Allgemeinen haben Ostasiaten, indigene Völker Amerikas und Aborigines Australiens eher geringe Mengen ADH im Körper, und Frauen weniger als Männer.
Beim Menschen existiert nicht nur „die“ ADH, sondern eine ganze Familie von Isoenzymen (u. a. ADH1A, ADH1B, ADH1C), die sich in Aktivität und Gewebeverteilung unterscheiden. Zentral ist die Reaktion Ethanol → Acetaldehyd, bei der NAD⁺ zu NADH reduziert wird. Das entstehende Acetaldehyd wird anschließend durch Aldehyd-Dehydrogenase (ALDH) zu Acetat oxidiert. Beide Schritte bestimmen zusammen die Geschwindigkeit und Verträglichkeit von Alkohol.
ADH ist ein Zink-haltiges Enzym: Das Metallion stabilisiert das aktive Zentrum und ist für die Katalyse notwendig. Ein Mangel an verfügbarem Zink kann die Enzymaktivität beeinträchtigen. Kinetisch arbeitet ADH bei üblichen Trinkmengen rasch am Sättigungslimit; deshalb erfolgt der Ethanolabau über weite Bereiche näherungsweise in Nullter-Ordnung (konstante Menge pro Zeit), was erklärt, warum „Nüchternwerden“ sich nicht beliebig beschleunigen lässt.
Genetische Polymorphismen beeinflussen die Alkoholreaktion erheblich. Varianten mit höherer ADH-Aktivität (z. B. bestimmte ADH1B/1C-Allele) erzeugen schneller Acetaldehyd; zusammen mit einer reduzierten ALDH2-Aktivität(häufig in Teilen Ostasiens) resultiert daraus die bekannte Flush-Reaktion mit Erröten, Übelkeit und Herzklopfen. Diese Konstellation wirkt tendenziell protektiv gegenüber Alkoholabhängigkeit, weil Alkoholkonsum früh unangenehm wird. Wichtig ist: Populationsunterschiede beruhen vor allem auf Verteilung bestimmter ADH/ALDH-Varianten und nicht allein auf „der Menge“ eines Enzyms; zusätzlich spielen Geschlecht, Körpermasse, Magen-ADH, Ernährung, Lebergesundheit und Trinkgewohnheiten eine Rolle. Bei Frauen ist z. B. die gastrische ADH-Aktivität oft geringer, was die systemische Verfügbarkeit von Ethanol erhöht.
Mit regelmäßig hohem Konsum wird vermehrt das mikrosomale Ethanol-oxidierende System (MEOS), insbesondere CYP2E1, aktiviert. Das steigert den Abbau bei hohen Spiegeln, erzeugt aber reaktive Sauerstoffspezies, fördert Fettleber und verändert den Medikamentenstoffwechsel. Gleichzeitig verschiebt das hohe NADH/NAD⁺-Verhältnisdurch den ADH-Schritt den Energiestoffwechsel: Gluconeogenese wird gehemmt (Risiko für Hypoglykämie, v. a. bei Nüchternheit), Fettsäuresynthese wird begünstigt (Steatoseneigung), und Laktat steigt leichter an (Laktatazidose-Tendenz).
Klinisch ist ADH auch deshalb bedeutsam, weil sie Methanol und Ethylenglykol ebenfalls oxidiert – mit hochtoxischen Folgeprodukten (Formiat bzw. Oxalat). Hier kommt Fomepizol (ein ADH-Hemmstoff) oder hochdosiertes Ethanol als Antidot zum Einsatz: Die Blockade/Kompetition an ADH verhindert die Bildung der eigentlichen Gifte, bis eine Elimination (z. B. Dialyse) möglich ist. Umgekehrt hemmt Disulfiram nicht ADH, sondern ALDH und führt zu Acetaldehyd-Anreicherung – therapeutisch nur in klar indizierten Fällen und unter ärztlicher Kontrolle sinnvoll.
Zusammengefasst prägt die Alkohol-Dehydrogenase den ersten und geschwindigkeitsbestimmenden Schritt des Ethanolabbaus. Ihre Aktivität, das Zusammenspiel mit ALDH, genetische Varianten und Anpassungen durch chronischen Konsum erklären wesentliche Unterschiede in Verträglichkeit, Risiko für Folgeschäden und klinische Reaktionen auf Alkohol. Für die Praxis bedeutet das: Die „Trinkfestigkeit“ ist kein verlässliches Gesundheitsmaß, sondern spiegelt biochemische Besonderheiten wider – mit möglichen Nebenwirkungen für Leber, Stoffwechsel und das Risiko einer Abhängigkeit.
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Dr. med. Bernd Guzek #
Arzt, Autor, Angehöriger & Mitbegründer von Alkohol adé
Beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den biochemischen Grundlagen von Sucht und Hirnstoffwechselstörungen sowie deren Beeinflussung durch Nährstoffe.