Folsäure braucht der Körper, um das Erbgut neu aufzubauen. Nur 15 Milligramm kann der Körper überhaupt speichern. Selbst bei prallvollen Vorräten reichen diese gerade mal drei Monate. Der Mensch kann Folsäure nicht selbst herstellen.
Zwei Drittel aller Deutschen nimmt täglich weniger als 300 Mikrogramm Folsäure mit der Nahrung auf – bei einem durchschnittlichen täglichen Verbrauch von 400 Mikrogramm. Bei Alkoholikern sieht es noch viel übler aus. Alkohol blockiert die Folsäureaufnahme im Darm. Was noch durchkommt wird nicht in der Leber gespeichert – auch das unterdrückt der Alkohol. Die Nieren können die Folsäure nicht zurück halten, wenn Alkohol im Spiel ist – und so verliert der Körper das eigentlich so dringend gebrauchte Vitamin wieder.
Ein Folsäuremangel zieht die gefürchtete Fettleber nach sich. Bei normalen Folsäurewerten baut der Körper aus der Homocystein die Aminosäure Methionin. Fehlt Folsäure (oder Vitamin B12) so geht das nicht und der Homocystein-Wert steigt – Herz-Kreislauf-Erkrankungen können die Folge sein. Darüber hinaus stört er das Blutbild und führt zu typischen Formen der Blutarmut (Anämie).
Folsäure spielt außerdem eine Schlüsselrolle bei der Zellteilung und der Bildung von Nervengewebe. Deshalb ist eine ausreichende Versorgung besonders in der Schwangerschaft wichtig, um Fehlbildungen des Nervensystems (Neuralrohrdefekte) vorzubeugen. Auch für das Gehirn Erwachsener ist Folsäure entscheidend: Ein Mangel begünstigt depressive Verstimmungen, Gedächtnisstörungen und Konzentrationsprobleme – Symptome, die sich bei Alkoholkranken häufig zusätzlich zeigen.
Chronischer Alkoholkonsum verstärkt das Problem gleich auf mehreren Ebenen: Aufnahme gestört, Speicherung verhindert, Ausscheidung erhöht. Die Folge sind besonders niedrige Folsäurespiegel, die das Risiko für Anämien, Fettleber, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und neurologische Störungen deutlich steigern. Viele typische Beschwerden alkoholabhängiger Menschen – von chronischer Müdigkeit über depressive Verstimmungen bis zu Antriebslosigkeit – lassen sich teilweise auf einen massiven Folsäuremangel zurückführen.
Therapeutisch wird bei Alkoholkranken daher häufig eine hochdosierte Substitution von Folsäure empfohlen, oft kombiniert mit anderen B-Vitaminen wie B12 und B6. Damit lässt sich nicht nur die Blutbildung stabilisieren, sondern auch das Risiko für Folgeschäden senken.
Mehr Informationen im Buch Alkohol adé und bei Wikipedia.
Dr. med. Bernd Guzek #
Arzt, Autor, Angehöriger & Mitbegründer von Alkohol adé
Beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den biochemischen Grundlagen von Sucht und Hirnstoffwechselstörungen sowie deren Beeinflussung durch Nährstoffe.