Kalzium im Alkoholentzug – warum es oft zu niedrig ist und warum das gefährlich wird #
Kalzium ist nicht nur für Knochen wichtig – im Entzug spielt es eine zentrale Rolle bei der Erregbarkeit von Nerven- und Muskelzellen. Bei chronischem Alkoholkonsum und besonders im akuten Entzug sinkt der Kalziumspiegel im Blut häufig stark ab (Hypokalzämie). Das verstärkt typische Entzugssymptome massiv und kann sogar lebensbedrohlich werden.
Warum sinkt Kalzium bei Alkoholikern und im Entzug? #
- Mangelernährung (wenig Milchprodukte, grünes Gemüse)
- Vitamin-D-Mangel → schlechtere Kalziumaufnahme im Darm
- Magnesiummangel → behindert die Freisetzung von Parathormon und damit die Kalziummobilisierung aus den Knochen
- Chronische Azidose durch Alkohol → erhöhte Kalziumausscheidung über die Niere
- Akute Entzugsphase: Stresshormone (Katecholamine, Cortisol) und Hyperventilation (Atemalkalose) verschieben ionisiertes Kalzium ins Gewebe → effektiver Kalziumspiegel im Blut sinkt weiter
Welche Symptome verursacht oder verstärkt eine Hypokalzämie im Entzug? #
- Neuromuskuläre Übererregbarkeit: Muskelkrämpfe, Zittern, Kribbeln (Pfötchenstellung, Chvostek-Zeichen, Trousseau-Zeichen)
- Verstärkung von Entzugskrampfanfällen
- Herzrhythmusstörungen (verlängertes QT-Intervall → Torsade-de-pointes-Gefahr)
- Psychische Symptome: Angst, Unruhe, Reizbarkeit
- In schweren Fällen: Laryngospasmus, Tetanie
Therapie und Prophylaxe im klinischen Alltag #
In der Regel wird im stationären Entzug immer auf Kalzium (und Magnesium) geachtet:
- Orale Substitution: Calciumcarbonat oder Calciumcitrat 500–1000 mg elementares Kalzium/Tag (oft kombiniert mit Magnesium)
- Intravenöse Gabe bei stark erniedrigtem ionisiertem Kalzium oder bei Krampfanfällen/Tetanie: 10–20 ml Calciumgluconat 10 % langsam i.v.
- Kombination mit Magnesium: Magnesiummangel ist fast immer mitbeteiligt – beide sollten gleichzeitig korrigiert werden
- Vitamin D wird häufig zusätzlich gegeben, um die Aufnahme langfristig zu verbessern
Ein zu niedriger Kalziumspiegel im Alkoholentzug verstärkt Zittern, Krämpfe und Herzrhythmusstörungen dramatisch. Deshalb gehören Kalzium + Magnesium + Thiamin zur Standardversorgung – oral oder intravenös, je nach Schweregrad.
FAQ – Kalzium im Alkoholentzug #
Muss man im Alkoholentzug immer Kalzium supplementieren?
Nicht zwingend bei jedem ambulanten leichten Entzug, aber bei stationärem Entzug, Krämpfen, Zittern oder Laborwerten < 2,1 mmol/l (bzw. ionisiert < 1,1 mmol/l) wird fast immer Kalzium (meist mit Magnesium) gegeben.
Bei normaler Nierenfunktion und kurzfristiger Gabe im Entzug kaum. Bei Niereninsuffizienz oder sehr hohen Dosen besteht Hyperkalzämie-Gefahr – daher immer ärztliche Kontrolle.Kann zu viel Kalzium schaden?
Leider nein – viele Patienten vertragen in den ersten Tagen keine Milchprodukte, und die Aufnahme ist durch Vitamin-D- und Magnesiummangel eingeschränkt. Gezielte Präparate sind effektiver und sicherer.Reicht Milch oder Käse als Kalziumquelle im Entzug?
Dr. med. Bernd Guzek #
Arzt, Autor, Angehöriger & Mitbegründer von Alkohol adé
Beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den biochemischen Grundlagen von Sucht und Hirnstoffwechselstörungen sowie deren Beeinflussung durch Nährstoffe.