Ein Kater – oft auch Hangover genannt – entsteht durch ein Zusammenspiel aus Alkoholabbau, Entzündungsreaktionen, Neurotransmitter-Störungen und Flüssigkeitsverlust. Dieser Artikel erklärt die wichtigsten biochemischen Abläufe und zeigt, in welchen Zeitfenstern die typischen Symptome auftreten.
Was passiert im Körper bei einem Kater? #
Ein Kater entsteht nicht durch einen einzigen Auslöser. Er beruht auf einer komplexen Mischung aus Giftstoffen wie Acetaldehyd, Störungen der Hirnbotenstoffe, entzündlichen Prozessen, Schlafunterbrechungen und dem Verlust von Wasser und Elektrolyten. Diese Mechanismen laufen zeitversetzt ab, was erklärt, weshalb die Beschwerden oft erst am nächsten Morgen vollständig spürbar werden.
1. Alkoholabbau und Acetaldehyd #
Beginn: während des Trinkens bis wenige Stunden danach
Beim Abbau von Alkohol entsteht zunächst Acetaldehyd, ein hochreaktives Zwischenprodukt und häufig benutzte Substanz in der chemischen Industrie. Es reizt Schleimhäute, beschleunigt den Puls und aktiviert Entzündungswege. Obwohl der Körper Acetaldehyd rasch weiter zu Acetat entgiftet, reichen schon kurze Konzentrationsspitzen aus, um Kopfschmerz, Übelkeit und innere Unruhe vorzubereiten.
2. Acetat, Energiestoffwechsel und Laktatanstieg #
Zeitfenster: 2 bis 10 Stunden nach Trinkende
Das aus Acetaldehyd gebildete Acetat verändert den Energiestoffwechsel. Der Körper schaltet zeitweise auf eine weniger effiziente Form der Energiegewinnung um. Das führt zu:
• relativer Unterzuckerung
• gesteigerter Laktatproduktion
• Störungen der Säure-Basen-Regulation
Diese Effekte verstärken Müdigkeit, Schwächegefühl und Kopfschmerzen.
3. Entzündungsreaktion des Immunsystems #
Höhepunkt: 12 bis 24 Stunden nach Trinkende
Alkohol aktiviert das Immunsystem, unter anderem im Gehirn. Mikrogliazellen schütten vermehrt entzündliche Botenstoffe (z. B. IL-6, TNF-α) aus. Das Resultat erinnert an ein mildes Infektgefühl: Kopf- und Gliederschmerzen, Erschöpfung, Konzentrationsstörungen und eine empfindliche Schmerzverarbeitung.
4. Neurotransmitter-Rebound in der Nacht #
Beginn: 3 bis 6 Stunden nach Trinkende
Alkohol verstärkt im Rausch GABA (dämpfend) und unterdrückt Glutamat (stimulierend). Sobald der Alkoholspiegel fällt, passiert das Gegenteil:
• der beruhigende GABA-Effekt bricht weg
• Glutamat steigt über das Normalniveau hinaus
Der Körper rutscht dadurch in einen Zustand der Übererregung. Typische Folgen: unruhiger Schlaf, Herzklopfen, Reizbarkeit, Geräuschempfindlichkeit und mehr Stress am nächsten Morgen.
5. Dehydratation und Elektrolytverschiebung #
Beginn: 1 bis 3 Stunden nach Trinkende
Alkohol hemmt das antidiuretische Hormon (ADH). Der Körper verliert verstärkt Wasser und Mineralstoffe. Besonders Natrium und Kalium geraten aus dem Gleichgewicht. Typische Symptome sind Durst, Schwindel, trockene Schleimhäute und pochende Kopfschmerzen.
6. Restalkohol im Blut #
Dauer: je nach Menge 10 bis 20 Stunden
Auch wenn man sich „nüchtern“ fühlt, kann noch messbarer Restalkohol im Blut sein. Solange Ethanol im Körper zirkuliert, laufen viele der oben beschriebenen Prozesse weiter. Erst wenn der Blutalkohol nahe null sinkt, entfalten sich die Gegenreaktionen und Entzündungsprozesse vollständig. Deshalb fühlt sich der Kater oft dann am schlimmsten an, wenn der Alkohol schon fast abgebaut ist.
Wie lange dauert ein Kater? Typischer Gesamtverlauf #
• Beginn der Beschwerden: 6 bis 12 Stunden nach Trinkende
• Maximum: 12 bis 24 Stunden
• Abklingen: 24 bis 36 Stunden, in Einzelfällen bis 48 Stunden
Während Alkohol im Blut ist, wirkt er dämpfend und überlagert viele Beschwerden. Erst wenn der Spiegel sinkt und die gegenregulierten Botenstoffe überreagieren, setzen Kopfschmerz, Unruhe und Müdigkeit voll ein.
Häufige Fragen zum Kater (FAQ) #
Alkohol löst eine messbare Entzündungsreaktion aus. Zytokine wie IL-6 und TNF-α steigen an und erzeugen ähnliche Symptome wie bei einem leichten Infekt, etwa Müdigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen.Warum fühlt sich ein Kater wie ein Infekt an?
Durch den Rebound anregender Neurotransmitter wie Glutamat kommt es trotz langer Schlafdauer zu einem sehr unruhigen, oberflächlichen Schlaf. Der Körper regeneriert schlechter, und der Kater fällt stärker aus.Warum wache ich nach Alkohol so schlecht erholt auf?
Ausreichend Wasser vermindert Dehydratation, verhindert aber weder den Neurotransmitter-Rebound noch die Entzündungsreaktion. Der Kater kann abgeschwächt werden, aber nicht zuverlässig verhindert. Man kann Kater nicht zuverlässig vermeiden oder verhindernb (außer dadurch, dass man nicht trinkt ….)Kann man den Kater verhindern, wenn man genug trinkt?
Mit zunehmenden Jahren sinken Enzymaktivität, Wasseranteil im Körper und Schlafqualität. Dadurch wirken Alkohol und seine Abbauprodukte intensiver, und der Kater fällt stärker aus.Warum ist der Kater im Alter oft stärker?
Dr. med. Bernd Guzek #
Arzt, Autor, Angehöriger & Mitbegründer von Alkohol adé
Beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den biochemischen Grundlagen von Sucht und Hirnstoffwechselstörungen sowie deren Beeinflussung durch Nährstoffe.