Tryptophan ist eine essentielle Aminosäure, das heißt, der Körper kann sie nicht selbstherstellen. Unter normalen Bedingungen beträgt der Tagesbedarf rund 250 mg.
Tryptophan war lange Zeit ein natürliches, gut wirksames Standardmedikament gegen Depressionen, bis es wegen eines Produktionsfehlers in einer einzelnen asiatischen Fabrik jahrelang weltweit verboten wurde – ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, als patentgeschützte synthetische Antidepressiva eingeführt wurden. Außer für Säuglinge … Babykost war trotz des Verbots weiterhin mit Tryptophan künstlich angereichert. Der ganze Tryptophan-Krimi ist im Buch Alkohol adé ausführlich beschrieben.
Für den Alkoholiker ist Tryptophan sehr bedeutsam – und er kann einen wesentlich höheren Bedarf an der Aminosäure haben als andere, weil der Körper im biochemischen Notfall die Tryptophanspeicher leert, um das für immens wichtige Vitamin B3 (Niacin) herzustellen. Dieses Vitamin braucht der Körper in großen Mengen für den Alkoholabbau, zugleich verhindert Alkohol aber, dass es aus der Nahrung aufgenommen werden kann.
Da der Körper aus dem Tryptophan der Botenstoff Serotonin gemacht wird, der für gute Stimmung zuständig ist, führt der Raubbau am Tryptophan zu einem Serotoninmangel und nicht selten als Folge zu Depressionen.
Alkohol & Tryptophan #
- Erhöhter Verbrauch: Mehr Bedarf, weil Tryptophan → Niacin umgeleitet wird.
- Schlechtere Aufnahme: Alkohol blockiert die Resorption im Darm.
- Mangel an Serotonin: weniger gute Laune, mehr Schlafprobleme, höhere Rückfallgefahr.
- Langfristig: Ungleichgewicht im Kynurenin-Stoffwechsel → Verstärkung von Ängsten und Depressionen.
Alkohol & Tryptophan – der Teufelskreis
- Alkohol ↑ – Mehr Verbrauch von Vitamin B3 → Tryptophan-Speicher werden geleert
- Tryptophan ↓ – Weniger Ausgangsstoff für Serotonin & Melatonin
- Serotonin ↓ – Stimmungstief, Schlafstörungen, Depression → Rückfallgefahr steigt
Merke: Alkohol raubt dem Körper Tryptophan – und schwächt damit die wichtigsten „Wohlfühl-Botenstoffe“.
Tryptophanreiche Lebensmittel #
- Tierisch: Putenfleisch, Huhn, Lachs, Eier, Käse, Milchprodukte.
- Pflanzlich: Sojabohnen, Kürbiskerne, Cashewkerne, Sesam, Haferflocken, Bananen.
- Kombiniert mit Kohlenhydraten kann Tryptophan leichter ins Gehirn gelangen, da die Konkurrenz durch andere Aminosäuren reduziert wird.
Bei ausgeprägtem Tryptophanmangel ist es schwer, die Speicher allein über die Ernährung wieder zu füllen. Tryptophan ist als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich.
Dr. med. Bernd Guzek #
Arzt, Autor, Angehöriger & Mitbegründer von Alkohol adé
Beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den biochemischen Grundlagen von Sucht und Hirnstoffwechselstörungen sowie deren Beeinflussung durch Nährstoffe.