Zum Inhalt springen
View Categories

SSRI

Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) sind eine Gruppe von Antidepressiva, die gezielt die Wiederaufnahme des Neurotransmitters Serotonin in die präsynaptische Nervenzelle hemmen. Dadurch steigt die Konzentration von Serotonin im synaptischen Spalt, was stimmungsstabilisierend wirken kann.

Wirkmechanismus #

SSRI blockieren den Serotonin-Transporter (SERT), der normalerweise Serotonin aus dem synaptischen Spalt zurück in die Nervenzelle befördert. Durch diese Hemmung bleibt Serotonin länger verfügbar und verstärkt seine Wirkung an den postsynaptischen Rezeptoren.

Anwendungsgebiete #

SSRI werden in der Medizin vor allem eingesetzt bei

  • Depressionen
  • Angststörungen (z. B. Panikstörung, soziale Phobie, generalisierte Angststörung)
  • Zwangsstörungen
  • posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS)

Nebenwirkungen #

Typische Nebenwirkungen sind Übelkeit, Schlafstörungen, sexuelle Funktionsstörungen und zu Beginn eine mögliche Zunahme innerer Unruhe. Schwere Nebenwirkungen wie das seltene Serotonin-Syndrom können bei Kombination mit anderen serotonergen Medikamenten auftreten.

Einsatz im Alkoholentzug #

Sollen SSRI laut Leitlinien als Entzugsmedikament eingesetzt werden? #

Nein. In den gängigen Leitlinien zur Behandlung von Alkoholabhängigkeit wird der Einsatz von SSRI nicht als Mittel zur Entzugsbehandlung empfohlen. Sie können jedoch bei gleichzeitig bestehenden Depressionen oder Angststörungen sinnvoll sein.

Einen vertiefenden Überblick bietet unser Blog-Beitrag zu SSRI im Alkoholentzug.

Kritik an den SSRI und ihrer massenhaften Verschreibung #

Obwohl SSRI zu den weltweit am häufigsten verschriebenen Medikamenten zählen, gibt es wiederkehrende Kritikpunkte:

  • Wirksamkeit: Eine viel zitierte Metaanalyse von Irving Kirsch und Kollegen (2008) wertete Studiendaten zur Zulassung der SSRI in den USA aus. Ergebnis: Bei leichten und mittelschweren Depressionen lag der Vorteil gegenüber Placebo nur im geringen Bereich. Deutlicher war er bei schweren Depressionen.
  • Vergleichsstudien: Eine große Netzwerk-Metaanalyse von Andrea Cipriani et al. (2018, The Lancet) untersuchte über 500 klinische Studien mit mehr als 100.000 Patienten. Sie kam zu dem Schluss, dass Antidepressiva – darunter SSRI – insgesamt wirksamer sind als Placebo. Allerdings variierte der Effekt je nach Wirkstoff, und die Unterschiede zwischen den Präparaten waren eher klein.
  • Überverschreibung: Kritiker weisen darauf hin, dass SSRI häufig auch bei leichteren Stimmungsschwankungen oder Anpassungsstörungen verschrieben werden. Hier könnte die Wirkung begrenzt sein, während Risiken wie Nebenwirkungen oder Absetzprobleme bestehen.
  • Absetzprobleme: Viele Patienten berichten über Entzugssymptome beim Absetzen, etwa Schwindel, Reizbarkeit oder Schlafstörungen. Inzwischen bestätigen auch klinische Untersuchungen, dass solche Absetzphänomene bei einem relevanten Teil der Patienten auftreten können.
  • Langzeitfolgen: Über die Wirkungen einer mehrjährigen Einnahme liegen bisher nur begrenzte Daten vor. Deshalb fordern Experten mehr Forschung zu Sicherheit und Nutzen in Langzeitanwendungen.

Diese Kritik bedeutet nicht, dass SSRI grundsätzlich unwirksam oder „schlecht“ sind. Sie spiegelt die wissenschaftliche Diskussion über Nutzen und Grenzen einer sehr weit verbreiteten Medikamentengruppe wider.

Wichtige Quellen #

  • Kirsch I, Deacon BJ, Huedo-Medina TB, Scoboria A, Moore TJ, Johnson BT. Initial Severity and Antidepressant Benefits: A Meta-Analysis of Data Submitted to the Food and Drug Administration. PLoS Med. 2008 Feb;5(2):e45. doi: 10.1371/journal.pmed.0050045
  • Cipriani A, Furukawa TA, Salanti G, et al. Comparative efficacy and acceptability of 21 antidepressant drugs for the acute treatment of adults with major depressive disorder: a systematic review and network meta-analysis. Lancet. 2018 Apr 7;391(10128):1357–1366. doi: 10.1016/S0140-6736(17)32802-7

Arzt, Autor, Angehöriger & Mitbegründer von Alkohol adé

Dr. med. Bernd Guzek #

Arzt, Autor, Angehöriger & Mitbegründer von Alkohol adé

Beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den biochemischen Grundlagen von Sucht und Hirnstoffwechselstörungen sowie deren Beeinflussung durch Nährstoffe.


Close Popup

Wir müssen Dir kurz auf den Keks gehen

Auch Alkohol adé braucht Cookies. Wir aktivieren aber nur technisch absolut notwendige Cookies, damit Dein Besuch dieser Seite möglichst nicht durch Dritte verfolgt werden kann.

Einige wenige brauchen wir aber - z.B. um diesen Hinweis anzuzeigen, damit Du Dich nicht für jede Seite erneut anmelden oder dieses Popup nicht bei jeder Seite neu sehen musst.

Sowie Du aber einen externen Link oder ein Video anklickst, können von den Betreibern dieser Seiten Cookies gesetzt werden, die wir nicht beeinflussen können. Mehr auf unserer Datenschutzseite.

Close Popup
Privacy Settings saved!
Wir aktivieren nur absolut notwendige Cookies

Auch Alkohol adé braucht Cookies Wir aktivieren nur technisch absolut notwendige Cookies, damit Ihr Besuch dieser Seite möglichst nicht durch Dritte verfolgt werden kann. Einige wenige brauchen wir aber - z.B. um diesen Hinweis anzuzeigen, damit Sie sich nicht für jede Seite erneut anmelden oder dieses Popup nicht bei jeder Seite neu sehen müssen. Sowie Sie aber einen externen Link oder ein Video anklicken, können von den Betreibern dieser Seiten Cookies gesetzt werden, die wir nicht beeinflussen können. Mehr auf unserer Datenschutzseite

Standard-Kategorie

Technisch notwendige Cookies
Folgende technisch notwendige Cookies können gesetzt werden – fast alle haben mit den Datenschutzbestimmungen zu tun: wordpress_gdpr_allowed_services: Speichert, welche zusätzlichen Cookie-Dienste akzeptiert wurden. wordpress_gdpr_cookies_allowed: Speichert, ob zusätzliche Cookies neben den notwendigen akzeptiert wurden. wordpress_gdpr_cookies_declined: Speichert, welche zusätzlichen Cookie-Dienste nicht akzeptiert wurden. wordpress_gdpr_first_time: Wenn der Nutzer keine Entscheidung trifft, sondern weiter auf der Website navigiert, werden alle Cookies aktiviert und das Cookie speichert , ob die aktuelle Seite mit der zuerst besuchten Seite übereinstimmt. wordpress_gdpr_first_time_url: Speichert die URL des ersten Besuches der Webseite.
  • PHPSESSID
  • cookielawinfo-checkbox-non-necessary
  • cookielawinfo-checkbox-necessary
  • viewed_cookie_policy
  • wordpress_test_cookie

Technisch nicht notwendige Cookies
_koko_analytics_pages_viewed Dieses Cookie wird gesetzt vom datenschutzkompatiblen Plugin (Teil der Software) Koko Analytics.  Koko Analytics ist ein datenschutzfreundliches Analyse-Plugin für WordPress. Es werden keine personenbezogenen Daten erhoben. In der von uns benutzten Standardeinstellung werden durch Koko Analytics folgende Daten erhoben: * Besucher (Visitors) * Seitenaufrufe (Pageviews) * Referrers (Herkunftsseiten) Koko nutzt keine externen Dienste, so dass Daten über Ihre Besucher niemals an Drittunternehmen weitergegeben werden. Darüber hinaus werden keine besucherspezifischen Daten erfasst, und die Besucher können die Nachverfolgung leicht unterbinden, indem sie in ihren Browsereinstellungen "Do Not Track" aktivieren.

Alle Cookies ablehnen
Save
Alle Cookies akzeptieren